Kammerherrenschlüssel

Symbole der Macht, des Vertrauens und der höfischen Tradition

Entwicklung der Kammerherrenschlüssel im Herzogtum Nassau

Im Staats- und Adresskalender des Herzogtums Nassau von 1812 werden zwölf Kammerherren namentlich aufgeführt und belegen damit eindeutig die Existenz dieses Hofamtes im frühen 19. Jahrhundert. Die Verleihung von Kammerherrenschlüsseln setzte in Nassau ebenfalls erst im frühen 19. Jahrhundert ein. Die Schlüssel bestanden aus gegossenem Messing, wurden nachziseliert und feuervergoldet. Die meisten erhaltenen Exemplare zeigen im Kopf unter der Herzogskrone den nassauischen Wappenlöwen und im Bart ein großes „N“ als Abkürzung für Nassau.

Obwohl die Grundform der Schlüssel einheitlich gestaltet war, weisen die überlieferten Stücke gewisse Variationen auf. So differiert ihre Länge um bis zu zwei Zentimeter; zudem finden sich leichte Abweichungen in der Darstellung des Wappenlöwen, der Kronenformen und der Gravuren. Diese Unterschiede lassen sich möglicherweise dadurch erklären, dass mehrere Werkstätten mit der Herstellung beauftragt waren oder dass das Oberstkammerherrenamt gelegentlich modifizierte Entwürfe anforderte und genehmigte.

Ab etwa 1840 traten Schlüssel mit aufwendigerer Dekoration in Erscheinung. Das zugehörige Portepee zeigte unter der Herzogskrone den Wappenlöwen sowie darunter das Monogramm „A“. Diese Ausführung ist der Regierungszeit Herzog Adolphs (1839–1866) zuzuordnen. Vieles spricht dafür, dass die kunstvollere Schlüsselform erst in der Spätphase seiner Regierung eingeführt wurde. Diese Annahme basiert sowohl auf typologischen und funktionalen Merkmalen erhaltener Exemplare als auch auf der zeitlichen Überschneidung mit der Einführung portepeegebundener Trageweisen.

Das Herzogtum Nassau war ein vergleichsweise kleiner Staat mit einer Fläche von 4.855 km² und rund 465.636 Einwohnern im Jahr 1865. Entsprechend blieb auch die Zahl der Kammerherren überschaubar. Neben den im Jahr 1812 genannten zwölf Personen ist anzunehmen, dass ihre Anzahl im Verlauf des 19. Jahrhunderts überwiegend zwischen zehn und zwanzig schwankte. Im Gegensatz zu größeren Staaten wie Württemberg oder Bayern, in denen weit über hundert Kammerherren tätig waren, blieb die nassauische Hofhaltung deutlich reduzierter.

Trotz ihres vergleichsweise kleinen Kreises bildeten die Kammerherren einen bedeutenden Bestandteil der höfischen Repräsentation und standen in enger Beziehung zu den Orden und Ehrenzeichen des Herzogtums. Die erhaltenen Kammerherrenschlüssel sind heute seltene Zeugnisse nassauischer Hofkultur und befinden sich nur in wenigen musealen und privaten Sammlungen.

Details des Kammerherrenschlüssels im Herzogtum Nassau

Herzogtum Nassau, 1864

Ein herzoglich nassauischer Kammerherrenschlüssel (letzte Form bis 1866) aus feuervergoldeter Bronze mit Portepee, verliehen 1864.
Ein herzoglich nassauischer Kammerherrenschlüssel (letzte Form bis 1866) aus feuervergoldeter Bronze mit Portepee, verliehen 1864.

Kammerherrenschlüssel des Herzogtums Nassau, letzte Form bis 1866. Feuervergoldete Bronze, 14,5 x 6,5 cm mit Portepee.

Der Kammerherrenschlüssel ist in einem Rahmen fest mit Zwirn befestigt. Da ich die alte Befestigung nicht lösen wollte, ist es mir nicht möglich die Rückseite des Schlüssels zu zeigen. Der Rahmen scheint etwa um 1867/68 angefertigt worden zu sein. Auf der Rückseite befindet sich eine handschriftliche Notiz, die auf den Träger und die Verleihungszeit hinweist:

Herzoglich Nassauischer Kammerherrnschlüssel. Verliehen am 25-jähr. Regierungsjubiläum des Herzogs von Nassau dem Freiherrn Moritz von Nauendorf

Das 25-jährige Regierungsjubiläum des Herzogs von Nassau und somit Tag der Verleihung des Schlüssels, fiel auf den 21. August 1864. Vor dieser Variante des Schlüssels waren auch nassauische Kammerherrenschlüssel in der Form eines wirklichen Schlüssel, also mit Reide, Halm und Bart ausgestattet. Da bei der oben gezeigten Form des Schlüssels das Portepee den gesamten Schlüssel ab der Reide verdecken würde, ist man hier dazu übergegangen anstatt des Halms unterhalb der Reide, eine große Klammer an der Reide zu befestigen.

Details (Nassau, 1864)

Detailansicht der Reide des Schlüssels. Fein ausgearbeiteter, nassauischer Löwe, das Wappentier des Herzogtums Nassau. Von Hand polierte Oberflächen am äußeren Ring
Detailansicht der Reide des Schlüssels. Fein ausgearbeiteter, nassauischer Löwe, das Wappentier des Herzogtums Nassau. Von Hand polierte Oberflächen am äußeren Ring

Zu den ab ca. 1840 getragenen Schlüsseln gehörte ein aufwendig gesticktes Portepee, welches über dem Schlüssel getragen wurde. Das Portepee zeigte unter Herzogskrone die Wappenlöwen und darunter zweifach das Monogramm A. Solche Schlüssel wurden in der Regierungszeit von Herzog Adolph (1839-1866) getragen. Offensichtlich wurde diese Schlüsselform erst für den letzten Herzog neu geschaffen. Bis zum Verlust der nassauischen Souveränität nennen die nassauischen Hofkalender immer um die 30 Kammerherren; 1865 sogar 52. Herzog Adolph ging 1866 ins Exil nach Bayern. Am 23.11.1890 wurde er Großherzog von Luxemburg.

Träger dieses Schlüssels war Freiherr Moritz Adolph Heinrich Ehrenfried von Nauendorf, Herzoglich nassauischer Kammerherr und Königlich preußischer Hauptmann. Er wurde am 13. September 1832 zu Wiesbaden geboren und verstarb am 11. Oktober 1872 zu Nauendorf.

Er trat am 1. Januar 1850 in die Kriegsschule ein und blieb dort bis zum 1. September 1851. Am 1. November 1853 wurde Moritz von Nauendorf zum Unterleutnant im Herzoglich Nassauischen 4. Bataillon ernannt. 1855 wechselte er zum 1. Regiment Nassau und wurde dort am 26. April 1859 zum Oberleutnant ernannt. Am 21. August 1864 wurde er durch Herzog Adolph von Nassau mit der Würde eines Kammerherrn ausgezeichnet. 1862 wechselte er zum 2. Regiment Nassau. Mit Wirkung zum 30. Juni 1866 wechselte er zum Herzoglich Nassauischen Jäger Bataillon und wurde zum Hauptmann und Chef der 3. Kompanie ernannt.

Mit der Annexion Nassaus durch Preußen wurde er am 20. November 1866 als Hauptmann mit nassauischem Patent in das Offizier-Korps des Kurhessischen Jäger-Bataillons Nr. 11 im Königlich Preußischen Infanterie Regiment Nr. 67 übernommen, wo er sich im Krieg gegen Frankreich das Eiserne Kreuz II. Klasse erwarb.

Freiherr Moritz von Nauendorf war von 1868-1872 Kompanie-Chef im Infanterie Regiment Nr. 67.