Kammerherrenschlüssel

Symbole der Macht, des Vertrauens und der höfischen Tradition

Entwicklung der Kammerherrenschlüssel im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz

Das Herzogtum und spätere Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, das nach 1871 als neunter Staat innerhalb des Deutschen Reiches fungierte, repräsentierte mit einer territorialen Ausdehnung von knapp 2600 km² und einer Bevölkerungszahl von etwas über 100.000 Einwohnern um 1900 eine der kleinsten politischen Entitäten. Trotz seiner geringen Größe entwickelte der Hof eine ausgeprägte Repräsentationskultur, deren materielle Zeugnisse, wie die Kammerherrenschlüssel, tiefe Einblicke in die höfische Hierarchie und Selbstdarstellung ermöglichen.

Im Jahr 1701 erfolgte die Gründung der genealogischen Linie Mecklenburg-Strelitz durch Adolf Friedrich II. (1658–1708). Unter der Regentschaft von Adolf Friedrich IV. (1738–1794) wurde der Strelitzer Hofstaat systematisch aufgebaut und organisiert, wobei die Hofordnung Schwerins als Orientierungsrahmen diente. In dieser Epoche erfolgte erstmalig die Ernennung von Kammerherren sowie die Verleihung von Kammerherrenschlüsseln. Die Nachfolge Adolf Friedrichs IV. trat 1794 sein jüngerer Bruder Karl (1741–1816) an, der noch in seinem Todesjahr den Titel eines Großherzogs annahm.

Der Hofstaat in Strelitz zeichnete sich durch eine kontinuierlich expandierende Personalstruktur aus. Dies manifestierte sich insbesondere im Zeitraum von 1791 bis 1805, als ein signifikanter Anstieg der Anzahl der Kammerherren und Kammerjunker zu verzeichnen war. Im Jahr 1791 belief sich die Anzahl der registrierten Kammerherren und Kammerjunker auf 14 bzw. 4, während es bis 1805 bereits 26 bzw. 6 waren. Unter Großherzog Georg (reg. ab 1816; Lebensdaten 1779–1860) belief sich die Anzahl der in den Staatskalendern zwischen 1833 und 1854 geführten Kammerherren auf 39 Personen, von denen stets acht als diensttuend ausgewiesen wurden, die im Wechsel ihre Aufgaben wahrnahmen.

Die Anzahl der Ernennungen von Kammerherren durch Adolf Friedrich V. (Regierungszeit vom 17.05.1904 bis 11.06.1914) und Adolf Friedrich VI. (Regierungszeit vom 11.06.1914 bis 24.02.1918) lässt sich aus den mecklenburgisch-strelitzischen Staatshandbüchern der Jahre 1904 bis 1915 entnehmen. Für den Zeitraum von 1916 bis 1918 konnte die Anzahl der Ernennungen nicht ermittelt werden, da in diesen Jahren keine weiteren Staatshandbücher publiziert wurden. Empirische Belege legen nahe, dass Adolf Friedrich V. insgesamt lediglich vier Kammerherren ernannte: Eine Ernennung erfolgte im Jahr 1905, zwei im Jahr 1909 und eine weitere im Jahr 1913. Hingegen gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass während der Regierung von Adolf Friedrich VI. im genannten Zeitraum Ernennungen erfolgt sind. Die Gesamtzahl der in den Staatshandbüchern genannten Kammerherren variierte zwischen 1904 (21 Personen) und 1915 (17 Personen), wobei sie sich insgesamt in einem Bereich zwischen 17 und 22 bewegte. Es bestehen Zweifel, ob es nach 1915 noch weitere Ernennungen zum Kammerherren gab.

Die erhaltenen Kammerherrenschlüssel aus Mecklenburg-Strelitz sind aufgrund der geringen Hofgröße, privater Veräußerungen und Kriegsverluste als Rarität einzustufen. Es wird angenommen, dass heute nur noch wenige vollständige, originale Exemplare existieren. Jedes dieser Stücke gilt als rares Zeugnis monarchischer Kultur des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts und besitzt eine hohe kulturhistorische Bedeutung für die Erforschung sowohl der materiellen Kultur Mecklenburg-Strelitz als auch der deutschen Hofkultur im Kaiserreich.

Details des Kammerherrenschlüssels im Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz

Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, 1904-1918

Mecklenburg-Strelitzischer Kammerherrenschlüssel mit dem Monogramm AF des Großherzogs Adolf Friedrich
Mecklenburg-Strelitzischer Kammerherrenschlüssel mit dem Monogramm AF des Großherzogs Adolf Friedrich.
Herstelleraufdruck auf dem Atlaskissen des Etuis der Firma G. Buttermann.
Herstelleraufdruck auf dem Atlaskissen des Etuis der Firma G. Buttermann.

Der vorliegende Kammerherrenschlüssel aus Mecklenburg-Strelitz zeichnet sich durch eine aufwendige Ornamentik und Vergoldung aus, die auf eine stilistische Fusion des Spätbarock/Rokoko und des Historismus des 19. Jahrhunderts hindeutet. Der Schlüsselkopf wird von einer prächtigen, perlenbesetzten heraldischen Krone abgeschlossen, unter der sich ein symmetrisch geschwungener Rahmen aus Akanthusornamenten befindet. Der Rahmen umschließt ein verschlungenes Monogramm, das die legierten Buchstaben "AF" für "Adolf Friedrich" enthält. Der Schaft des Schlüssels weist ebenfalls eine aufwendige Verzierung mit floralen und ornamentalen Mustern auf, die sich spiral- oder wellenförmig über die Oberfläche ziehen. Das Ende des Schlüssels, der Bart, ist breit und rechteckig geformt, mit einem markanten, ausgeschnittenen Kreuz in der Mitte sowie weiteren dekorativen Elementen oder Einkerbungen an den Seiten.

Der Kammerherrenschlüssel ist direkt auf einer großen, rosettenartig gefalteten Schleife aus hellblauer, feingerippter Seide fixiert. Zur Befestigung des gesamten Ensembles an einer Uniform wird ein separates Befestigungsband verwendet, das sich auf der Rückseite der großen hellblauen Schleife befindet. In der vorliegenden Abbildung wird das Band zur Veranschaulichung nach vorne geführt. Bei einer korrekten Anbringung würde es jedoch durch die große Schleife verdeckt und somit unsichtbar bleiben.

Details (Mecklenburg-Strelitz, 1904-1918)

Rückseite des mecklenburg-strelitzischen Kammerherrenschlüssels. Mit genähter Schleife aus hellblauem Seidenband versehen.
Rückseite des mecklenburg-strelitzischen Kammerherrenschlüssels. Mit genähter Schleife aus hellblauem Seidenband versehen.
Schlüsselbart und Abschlusssegment am Ende des Schlüsselhalms. Über dem Abschlusssegment die Herstellerpunze GB für G. Buttermann.
Schlüsselbart und Abschlusssegment am Ende des Schlüsselhalms. Über dem Abschlusssegment die Herstellerpunze GB für G. Buttermann.

Bei dem vorliegenden Objekt handelt es sich um einen vergoldeten Silberschlüssel, der mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Regierungszeit Herzog Adolf Friedrichs V. stammt. Das Gewicht beträgt ca. 100 g, die Länge misst ca. 14 cm.

Es besteht Konsens unter den Historikern, dass Gottlieb Buttermann, Hofgoldschmied des Großherzogs von Mecklenburg-Strelitz, in Neustrelitz nachweislich von 1798 bis 1834 tätig war. Es kann angenommen werden, dass seine Nachfolger die Firma bis zum Ende der Monarchie 1918 weiterführten. Eine Analyse der Staatshandbücher ergibt, dass eine Beschäftigung als Hofgoldschmied für Wilhelm Buttermann erst ab den Jahren 1910 bis 1915 nachweisbar ist. Für den Zeitraum ab 1916 bis 1918 liegen keine weiteren Jahrgänge der Staatshandbücher vor. Die Schlüssel von Buttermann zeichnen sich durch einen vergoldeten Metallguss, detailreiche Akanthusvoluten, großherzogliche Kronen mit Perlenzinken, zentrale Monogramme und massive, dekorierte Schäfte aus. Der Stempel "G. Buttermann, Hofgoldschmied, Neustrelitz", der sich im Etui befindet, sowie die Punze "GB", die auf den Schlüsseln zu sehen ist, erlauben eindeutige Rückschlüsse auf die Zuordnung zu diesem Hersteller bzw. zu dieser Herstellerfirma.

Etui des mecklenburg-strelitzischen Kammerherrenschlüssels

Etui zum Kammerherrenschlüssel des Hofstaates Mecklenburg-Strelitz. Die Außenseite ist mit rotem Bezug versehen, die Innenseite mit einem Atlaskissen ausgestattet, das mit altweißer Seide bespannt ist. Eine filzähnliche Einlage dient zur Aufnahme des Schlüssels.
Etui zum Kammerherrenschlüssel des Hofstaates Mecklenburg-Strelitz. Die Außenseite ist mit rotem Bezug versehen, die Innenseite mit einem Atlaskissen ausgestattet, das mit altweißer Seide bespannt ist. Eine filzähnliche Einlage dient zur Aufnahme des Schlüssels.