Kammerherrenschlüssel

Symbole der Macht, des Vertrauens und der höfischen Tradition

Entwicklung der Kammerherrenschlüssel im Kurfürstentum / Königreich Bayern

Das ehemalige Herzogtum Bayern, das 1623 zum Kurfürstentum und 1806 zum Königreich erhoben wurde, entwickelte sich im Deutschen Reich nach 1871 zum zweitgrößten Bundesstaat – sowohl nach Fläche als auch nach Bevölkerungszahl. Um 1900 erstreckte sich Bayern über fast 76.000 km² und zählte mehr als sechs Millionen Einwohner. Bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918 blieb das Land in der Hand der Wittelsbacher. Die Kammerherrenschlüssel der ab 1745 regierenden bayerischen Herrscher bestanden aus feuervergoldeter Bronze, waren 19,5 cm lang und zeigten am Griff unter einem Kurhut das bayerische Wappen mit aufgelegtem Reichsapfel – dem Symbol des Erztruchsessenamtes. Unterhalb befanden sich als hängende Kleinorden das Goldene Vlies sowie der Hubertusorden. Varianten dieser frühen Modelle betreffen vor allem den Kurhut und die Gestaltung des Bartes. Nach dem Aussterben der bayerischen Linie der Wittelsbacher folgte 1777 Carl Theodor (1724–1799), bisher Kurfürst der Pfalz. Er hatte bereits in Mannheim einen großen Kämmererstab aufgebaut. Die von ihm verliehenen Schlüssel tragen unter dem Kurhut das Monogramm „CT“ und wurden in verschiedenen Materialien gefertigt. Die vergoldeten Bronzeschlüssel, die heute in mehreren Museen verwahrt werden, messen zwischen 14,9 und 15 cm und unterscheiden sich hauptsächlich in der Ausführung der Ziselierungen. Zwei weitere, 17,6 cm lange Exemplare bestehen teilweise aus Eisen: Kopf und Schaft sind eisern, während Monogramm und Verzierungen aus vergoldetem Messing bestehen. Teile des Kurhuts, das Ornamentwerk und der Bart sind dunkelblau glasiert. Ein weiterer eiserner Schlüssel von 14 cm Länge zeigt ein eingeschnittenes Monogramm und einen durchbrochenen Kurhut.

Carl Theodor starb ohne erbberechtigte Nachkommen. 1799 folgte ihm Maximilian IV. (I.) Joseph, Herzog von Pfalz-Zweibrücken (1756–1825). Seine Kammerherrenschlüssel bestanden aus vergoldetem Eisen, waren 16 cm lang und zeigten unter dem Kurhut das bayerische Wappen mit aufgelegtem Reichsapfel; die Rückseite trug das Monogramm „MJ“. Mit der Erhebung Bayerns zum Königreich 1806 änderte sich die Gestaltung erneut: Die Schlüssel bestanden nun aus vergoldeter Bronze und zeigten unter einer Krone das verschlungene Monogramm „MJ“. Unterschiedliche Monogrammrahmungen und Bartformen sind auf die Produktion durch mehrere Werkstätten zurückzuführen – eine notwendige Maßnahme, da fast 400 Kämmerer gleichzeitig neu ausgestattet werden mussten.

Unter Ludwig I. (1825–1848) entwickelte sich eine größere Formenvielfalt. Ein 21 cm langer Schlüssel aus vergoldetem Eisen zeigt ein ovales, von Rankenwerk gerahmtes Schild mit Monogramm unter Krone; auf der Rückseite befindet sich das bayerische Wappen. Ein weiteres, 12,1 cm langes Modell aus vergoldetem Stahl zeigt ein beidseitiges Monogramm in einem Rundschild, das von Figuren und Blattwerk gehalten wird. Für die Regierungszeit Maximilians II. (1848–1864) sind bislang keine Kammerherrenschlüssel nachweisbar.

Für die Herrschaft Ludwigs II. (1864–1886) entstand ein auffallend kunstvolles und einzigartiges Modell: Der Schaft war mit einem großen, frei stehenden „L“ versehen, das reich verziert unter einer fein gearbeiteten offenen Krone stand. Die Schlüssel bestanden aus vergoldetem, teilweise poliertem Stahl und waren 14 cm lang. Eine nahezu identische Monogrammform wurde auch auf bayerischen Helmen verwendet. Nach Ludwigs Tod folgte sein Bruder Otto – aufgrund geistiger Erkrankung jedoch nur nominell. Unter Prinzregent Luitpold (1886–1912) kehrte man zur traditionellen Form zurück: Der vollplastisch modellierte Griff zeigte beidseitig das bayerische Wappen mit den Löwen als Schildhaltern. Diese Schlüssel aus vergoldetem Messingguss maßen 17 cm. Zusätzlich sind Silbermodelle bekannt, die die Herstellerpunze C. Weisshaupt und teils den Feingehaltsstempel 800 tragen.

Um 1900 wurde ein neues Modell eingeführt, das bis zum Ende der Monarchie in Verwendung blieb. Der Griff wurde schlanker, das nun kleinere bayerische Wappen erhielt eine barock anmutende Rahmung, und der Bart wurde neu gestaltet. Die Schlüssel wurden mit verschiedenen Trageformen versehen: einer hellblauen Seidenrips-Schleife mit silbernen Fransen und goldener Krone im Zentrum, einer blau-weißen Kokarde mit silberner Königskrone sowie einer sternförmigen Silberstickerei mit Krone und zwei Quasten. Unter dem letzten bayerischen König, Ludwig III. (1845–1921; Regierungszeit 1913–1918), wurden keine neuen Schlüsselmodelle eingeführt. Die sternförmige Dekoration trug nun jedoch das königliche Monogramm „L“ im Zentrum – eine Anlehnung an das Monogramm Ludwigs II.

Details des Kammerherrenschlüssels im Kurfürstentum / Königreich Bayern

Kammerherrenschlüssel in Chur-Bayern um 1750

Chur-Bayern um 1750

Ein Chur-bayerischer Kammerherrenschlüssel aus der Regierungszeit Maximilian III. Joseph, ca. 1750
Ein Chur-bayerischer Kammerherrenschlüssel aus der Regierungszeit Maximilian III. Joseph, ca. 1750

Dieser kurbayerische Kammerherrenschlüssel stammt aus der Regierungszeit Maximilian III. Joseph (1745-1777) um 1750. Maximilian III., Joseph (1727-1777, Regierung ab 1745) übernahm die Herrschaft im Alter von 18 Jahren. Er war der letzte im Mannesstamm der Kurlinie Bayern-München. Der Kurfürst ernannte 1745 an seinem Namenstag 27 neue Kämmerer und 1746 aus gleichem Anlass waren es 26 weitere. 1763 hatte Bayern 331 Kämmerer.

Details (Chur-Bayern um 1750)

Chur-Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem Chur-Bayerischen Wappen
Chur-Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem Chur-Bayerischen Wappen
Schlüsselbart am Ende des Schlüsselhalms
Schlüsselbart am Ende des Schlüsselhalms

Der Schlüssel ist ca. 196 mm lang und wiegt 168 g. Bei vergleichenden Recherchen im Internet war es mir nicht möglich einen genau gleichen Schlüssel zu finden. Ich konnte drei Versionen finden, jedoch keinen mit genau diesem hier gezeigten Kurhut. Dies mag an der über 30jährigen Regierungszeit des Maximilian III. Joseph liegen, in der es scheinbar immer wieder zu kleinen Veränderungen in der Anfertigung gekommen sein muss. Die recht einfache Art des Kurhuts mit nur einem mittigen Perlreif könnte auf eine Anfertigungszeit am Anfang der Regierungszeit schließen lassen.

Die verliehenen Schlüssel bestehen aus vergoldeter Bronze und zeigen unter der Reide, am Übergang zum Halm, das offene verschlungene Monogramm „MJ“. Die meisten überlieferten Schlüssel sind von etwas unterschiedlichem Aussehen. Veränderlich zeigen sich die Details der Reiden und die der Schlüsselbärte.

Kammerherrenschlüssel im Königreich Bayern um 1818

Königreich Bayern, 1818

Ein bayerischer Kammerherrenschlüssel aus vergoldeter Bronze mit dem Monogramm MJ unter einer Krone, Regierungszeit Maximilian Joseph IV.
Ein bayerischer Kammerherrenschlüssel aus vergoldeter Bronze mit dem Monogramm MJ unter einer Krone, Regierungszeit Maximilian Joseph IV.

Maximilian Joseph IV. (1756-1825), Herzog von Pfalz-Zweibrücken (seit 1795) und Kurfürst von Pfalz-Bayern (seit 1799) wurde am 1. Januar 1806 zum ersten König Bayerns proklamiert. Das Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1819 nennt insgesamt einen Oberst-Kämmerer und 475 Kammerherren, wovon der König 236 Kammerherren von seinem Vorgänger übernommen und 239 bis zum Jahre 1819 selbst ernannt hatte. Das älteste Patent stammt dabei aus dem Jahr 1757.

Der verliehene Schlüssel besteht aus vergoldeter Bronze und zeigt unter der Krone das offene, verschlungene und poliertem Monogramm „MJ“ in einer spangenförmig geformten und verzierten Umrahmung. Unter der Reide ein oben verzierter, sonst glatter Halm mit glattem Bart. Der Bart vierfach gelocht. Am Ende des Halms ein kugelförmiger Abschluss. Der Schlüssel ist 151 mm lang und wiegt 72,6 g.

Unter den im Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1819 genannten Kammerherren finden sich zwei Mitglieder aus der Familie der Grafen von Verri. Einer von ihnen war Carl Ascan Graf Verri della Bosia, geb. am 26. Mai 1790 in Neuburg an der Donau, k. bayer. Kämmerer, General-Major, Kommandeur der I. Armee-Division und General-Adjutant des Königs, verheiratet am 12. Mai 1816 mit Friederike Catharina Jordis.

Details (Bayern, 1818)

Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem überkrönten Monogramm MJ
Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem überkrönten Monogramm MJ
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms

Carl Ascan Graf Verri della Bosia begann seine Ausbildung bereits im Jahr 1803 bei der k. bayer. Pagerie und beendete dort seine Ausbildung zum 7. Okt. 1806 als Lieutenant des Leibregiments. Er war seit dem 31. Mai 1806 Ritter der franz. Ehrenlegion. Mit Dekret vom 12. März 1818 wurde ihm als Hauptmann im 1. Linien-Infanterie Regiment die königliche Kämmerer-Würde verliehen. Mit Armeebefehl vom 4. Nov. 1851 (Urkunde v. 12. Nov.) wurde die Verleihung des Ehrenkreuzes des bayer. Ludwigs-Orden an ihn bekannt gemacht; mit Armeebefehl vom 28. Feb. 1852 (Urkunde v. 1. März) die Verleihung des Ritterkreuzes des Verdienstordens der bayerischen Krone. Ferner war er Inhaber des russischen Stanislaus-Ordens 2. Klasse. Gem. Armeebefehl vom 1. Okt. 1853 wurde er als Generalmajor und Brigadier der 1. Armee-Division pensioniert. Er verstarb am 2. Aug. 1878 in München.

Die Verleihung der Kämmerer-Würde wurde ihm mit Schreiben des königlich baierischen Oberst-Kämmerer-Staabs-Amts vom 15. März 1818 bekannt gemacht.

Dekret über die Verleihung der Kämmererwürde an Carl Ascan Graf Verri della Bosia

Dekret über die Verleihung der Kämmerwürde an Carl Ascan Graf Verri della Bosia
Dekret über die Verleihung der Kämmerwürde an Carl Ascan Graf Verri della Bosia

Bayern Mitte 19. Jahrhundert

Im bayerischen Hof- und Staatshandbuch von 1828, unter Ludwig I. (1786-1848, Regierung von 1825-1848) wurden 488 Kämmerer genannt und 29 Kammerjunker, die von 1826 bis 1828 ernannt worden waren. Das älteste Patent stammte von 1767, erteilt dem Grafen von Lösch. Nach dem ,,Hof- und Staatshandbuch“ für das Jahr 1849 unter Maximilian II. (1811-1864, Regierung 1848) hatte sich die Zahl der Kämmerer gegenüber 1828 um 67 verringert. Es gab 421 Kämmerer, aber 172 Kammer- und fünf Hofjunker. Damit hatte Bayern im Vergleich zu 1828 insgesamt 148 Junker mehr. Bis zum Jahr 1914 führten die Hof- und Staatshandbücher des Königreichs Bayern regelmäßig mehr als 300 Kämmerer namentlich auf. Die Ämter wurden häufig innerhalb derselben Familien weitergegeben, sodass Söhne ihren Vätern oder Großvätern nachfolgten. Zwar gab es keine offizielle Erbkämmererwürde, doch blieb der Kreis der Amtsträger weitgehend geschlossen. Nach 1871 kamen zu den über 300 Kämmerern zusätzlich mehr als 100 Kammerjunker sowie einige Hofjunker. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Jahr 1914 verfügte Bayern über rund 400 Kämmerer, etwa 150 Kammerjunker und sieben Hofjunker.

Kammerherrenschlüssel im Königreich Bayern um 1830

Königreich Bayern, um 1830

Bayerischer Kammerherrenschlüssel um 1830
Bayerischer Kammerherrenschlüssel um 1830

Dieser Bronze vergoldete, königlich bayerische Kammerherrenschlüssel ist 176 mm lang und wiegt 127,5 g.

Folgt man DUWE soll er aus der Zeit unter Prinzregent Luitpold (1886-1912), aber aus der Zeit vor 1900 stammen. Letztlich scheint sich diese Angabe auf einen Auktionstext der Fa. Graf Klenau (September 1974) zu stützen, da andere Quellen nicht angegeben werden.

Stutzig wurde ich darüber jedoch, als ich einen identischen Kammerherrenschlüssel in einer Hermann Historica Auktion fand. In dieser Auktion wurden gut eine Hand voll Kammerherrenschlüssel aus der Familie Freiherrn von Leonrod versteigert. Die dort versteigerten Schlüssel waren alle mit recht glaubhaft dargestellten Kärtchen versehen, welche die Inhaber der Schlüssel angegeben haben. Die Zuordnungen der Namen zu den Schlüsseln waren auch recht glaubhaft nachvollziehbar. Demnach soll es sich um einen aus vergoldeter Bronze gefertigten, fein ziselierten und feuervergoldeten Kammerherrenschlüssel aus der Regierungszeit (1806-25) König Maximilian I. Joseph von Bayern handeln.

Die Reide ist als großes Bayerisches Staatswappen, mit drei Ordensketten (Hubertus, Georg und MMJO) versehen.

Die am Schlüssel anhängende, alte Familien-Notiz lautete „Bayerischer Kammerherrenschlüssel des Karl Ludwig Frhrn. v. Leonrod“. Gem. bay. Staatshandbüchern wurde dieser im Jahre 1796 zum bayerischen Kammerherren ernannt.

Dass es sich dabei nicht um einen Schlüssel aus der Zeit handelt bevor Bayern Königreich wurde, ist wegen dem auf den Schlüssel dargestellten Wappen unstrittig. Das der ursprüngliche, Leonrodsche Schlüssel nach einem Regierungswechsel ausgetauscht wurde wäre in Bayern, wo nahezu jeder Herrscher andere Schlüssel verlieh, nachvollziehbar. Verstorben ist besagter Leonrod im Jahre 1859 (geb. 1774). Der Austausch hätte also zwischen den Jahren 1807 und 1859 stattfinden müssen, weshalb Luitpold (Regentschaft von 1886-1912) den Austausch nicht mehr hätte vornehmen können. Vielmehr wahrscheinlich ist, das der Schlüssel unter Ludwig. I. ab dem Regierungsantritt im Jahre 1825 ausgetauscht wurde.

Details (Bayern, um 1830)

Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem bayerischen Staatswappen
Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem bayerischen Staatswappen
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms

Das dargestellte Wappen mit Schwert und Zepter im Herzschild war bayerisches Staatswappen vom 20.12.1806 bis zum 17.10.1835. Wenn ich die Anzahl der Orden (drei) auf dem Wappen hilfsweise zur weiteren Altersbestimmung heranziehe, dürfte dieses Wappen (mit drei Orden darunter) von 1807 bis spätestens 1818 Verwendung gefunden haben, denn ab 1819 werden bis 1835 mehr Orden unter dem Wappen dargestellt.

Nur allein auf das Wappen bezogen, müsste man die Entstehungszeit des Schlüssels abweichend vom DUWE, auf die Zeit von 1807 bis 1818 schätzen. Da aber König Maximilian I. Joseph Kammerherrenschlüssel mit seinem Namenszug „MJ“ unter der Königskrone verlieh, ist bei diesem Schlüssel-Modell eher an eine Verleihung unter Ludwig I. in der Zeit zwischen 1825 und 1848 zu denken. Der vom Prinzregent Luitpold um 1900 eingeführte, etwas kleinere Schlüssel mit dem bay. Staatswappen trägt das Wappen aus der Zeit ab 1835 (bis 1918), mit dem Rautenschild als Herzschild und vier Orden darunter.

Es scheint mir unwahrscheinlich, dass es neue Schlüssel gab, nur weil dem Wappen ein weiterer Orden hinzugefügt wurde. Diese Änderung wäre nur marginal und unter dem Portepee des Schlüssels sicherlich nicht sichtbar. Ein diesbezüglicher Austausch aller Schlüssel aus diesem Grund wäre ökonomisch nicht nachvollziehbar gewesen.

Kammerherrenschlüssel im Königreich Bayern um 1860

Königreich Bayern, um 1860

Ein prunkvoll gesticktes bayerisches Kammerherrenschlüssel-Portepee mit dem Namenszug Maximilian II. von Bayern um 1860 aus der Herstellung der Fa. F. S. Wunsch, München.
Ein prunkvoll gesticktes bayerisches Kammerherrenschlüssel-Portepee mit dem Namenszug Maximilian II. von Bayern um 1860 aus der Herstellung der Fa. F. S. Wunsch, München.

Es konnte bislang nicht eindeutig festgestellt werden, welcher Typ von Kammerherrenschlüssel während der Regierungszeit von König Maximilian II. (1848–1864) verliehen wurde. In den einschlägigen Quellen, darunter das Werk von Duwe sowie weitere zugängliche Literatur, findet sich kein gesicherter Nachweis. Auch Anfragen an Museen und öffentliche Institutionen haben bislang keine Ergebnisse erbracht, ebenso wenig das Studium älterer Auktionskataloge.

Die bekannten Schlüssel seines Vorgängers tragen durchgehend die Chiffre „L“ in der Reide. Dass Maximilian II. diese Form lediglich weitergeführt und mit einem eigenen Portepee versehen haben sollte, erscheint aufgrund der Gepflogenheiten nahezu ausgeschlossen. Jeder bayerische Herrscher ließ in der Regel eigene Schlüssel anfertigen, und Maximilian II. regierte immerhin 16 Jahre.

An dieser Stelle kann daher lediglich ein Portepee präsentiert werden, das nachweislich während der Regierungszeit von König Maximilian II. verliehen wurde.

Unter Berücksichtigung des Redaktionsschlusses der bayerischen Hof- und Staatshandbücher (1848 zum Regierungsantritt, 1864 zum Todesjahr) lassen sich für seine Regierungszeit etwa 165 Ernennungen von Kammerherren nachweisen. Kammerjunker sind hierbei nicht berücksichtigt, da sie keine Schlüssel erhielten. Die Hof- und Staatshandbücher verzeichnen die Ernennungen lediglich mit Jahresangaben, sodass die exakte Zahl nicht vollständig ermittelt werden kann.

Details (Bayern, um 1860)

Rückseite des gestickten bayerischen Kammerherrenschlüssel-Portepees, aus der Herstellung der Fa. F. S. Wunsch, München.
Rückseite des gestickten bayerischen Kammerherrenschlüssel-Portepees, aus der Herstellung der Fa. F. S. Wunsch, München.
Umsponnene Knöpfchen zur Befestigung des Portepees mit Kammerherrenschlüssel an der Kammerherrenuniform. Ihr Durchmesser beträgt 12,7 mm.
Umsponnene Knöpfchen zur Befestigung des Portepees mit Kammerherrenschlüssel an der Kammerherrenuniform. Ihr Durchmesser beträgt 12,7 mm.

Gesichert ist, dass bayerische Kammerherrenschlüssel entweder mit einer Chiffre oder mit einem Wappen versehen waren. Nach bisherigem Forschungsstand sind ab 1806 folgende Varianten bekannt:

- Maximilian I. Joseph (bis 1825) - nur Schlüssel mit Chiffre MJ bekannt
- Ludwig I. (1825-1848) - nur Schlüssel mit Chiffre L bekannt
- Maximilian II. (1848-1864) - derzeit unklar ob es Schlüssel wieder mit Chiffre oder nur mit Wappen gab; jedoch bekannt: Portepees mit Chiffre M
- Ludwig II. (1864-1886) - nur Schlüssel mit Chiffre L bekannt
- Prinzregent Luitpold (1886-1912) - nur Schlüssel mit Wappen bekannt, mit einer Krone auf dem Portepee
- Ludwig III. (1912-1918) - gleiche Schlüssel wie unter Prinzregent Luitpold, nur mit einer Chiffre L auf dem Portepee

Wie die von Maximilian II. verliehenen Schlüssel letztlich ausgesehen haben muss bis zur Klärung der Frage offen bleiben.

Kammerherrenschlüssel im Königreich Bayern um 1900

Königreich Bayern, 1900

Ein bayerischer Kammerherrenschlüssel aus dem Jahre 1900, hohl gefertigt und vergoldet, mit dem bayerischen Staatswappen.
Ein bayerischer Kammerherrenschlüssel aus dem Jahre 1900, hohl gefertigt und vergoldet, mit dem bayerischen Staatswappen.

Infolge der Amtsunfähigkeitserklärungen für Ludwig II. und seinem Nachfolger Otto I. übernahm Prinz Luitpold vom 10. Juni 1886 bis zum 12. Dezember 1912 die Regentschaft im Königreich Bayern als des Königreichs Bayern Verweser.

Das Hof- und Staatshandbuch des Königreichs Bayern von 1888 nennt insgesamt einen Oberst-Kämmerer und 311 Kammerherren, wovon der Prinzregent 264 Kammerherren von seinen Vorgängern übernommen und 241 bis zum Ende seiner Regentschaft selbst ernannt hatte. Das älteste Patent stammt dabei aus dem Jahr 1815.

Die Erlangung der Kämmererwürde war in der Regel mit der Zahlung von Gebühren (Taxen) für die Verwendung des Siegels (auf dem Dekret) und Überlassung des Dienstzeichens (Kammerherrenschlüssel) verbunden. Ferner war eine besondere Uniform am Hof vorgeschrieben, welche sich der Kammerherr selbst zu beschaffen und natürlich aus eigener Tasche zu bezahlen hatte. In besonderen Fällen konnte die Ernennung zum Kammerherren jedoch taxfrei, oder mit reduzierter Taxe geschehen. Auch wenn es dem Ernannten Geld kostete, verschaffte doch der Titel, mit den damit verbundenen Möglichkeiten wirtschaftlichen und beruflichen Aufstiegs, ein großes gesellschaftliches Ansehen.

Details (Bayern, 1900)

Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem bayerischen Staatswappen
Bayerischer Kammerherrenschlüssel - Zentrum der Reide mit dem bayerischen Staatswappen
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms
Schlüsselbart und Abschlußsegment am Ende des Schlüsselhalms

Im Jahre 1900 betrug die Taxe für den Kammerherrentitel in Bayern 780 Mark. Sie setzte sich aus der Großen Taxe (480 Mark), der Kleinen Taxe (240 Mark) und einer Verwaltungsgebühr (60 Mark) für die Ausstellung der Urkunde, Überlassung des Dienstzeichens (Kammerherrenschlüssel), der Eintragung in das Matrikelprotokoll und der Ausschreibung im Gesetz- und Verordnungsblatt zusammen. (Zum Vergleich: Das durchschnittliche Jahresarbeitseinkommen im Deutschen Reich lag um 1900 bei etwa 800 Mark. Die Kosten für die Erlangung der Kammerherrenwürde entsprachen somit nahezu dem vollen Jahresverdienst eines einfachen Arbeiters.)

Der hier vorgestellte Kammerherrenschlüssel ist hohl gefertigt, vergoldet, 160 mm lang und 35,7 g leicht. Er zeigt beidseits das bayerische Staatswappen in einem barocken Rahmen. Der sonst glatte Halm ist an beiden Enden mit Ringen und Blattwerk verziert und schließt kugelförmig ab. Der Bart ist nicht ausgeschnitten und trägt ein geometrisches Linienmuster. Erhabene Flächen sind teils poliert.

Verliehen wurde der gezeigte Schlüssel an Karl Joseph Askan Gabriel Graf von Verri della Bosia, geboren am 09.02.1865 in München. Er trat im Jahre 1878 in die königlich bayerische Pagerie ein und trat von dort am 08.08.1883 als Portepee-Fähnrich ins Infanterie-Leib-Regiment über. Er war Kammerjunker und im Jahre 1901 Hauptmann und Kompagnie-Chef im 6. Ostasiatischen Infanterie-Regiment. 1906 wird er als Oberstleutnant als Mitglied des bayerischen Senats beim Reichs-Militärgericht mit Sitz in Berlin und bis 1911 als Chef des Generalstabs des General-Kommandos des II. Armeekorps geführt. Er starb am 09.08.1911 im Alter von 46 Jahren.

Dekret über die Ernennung des Karl Grafen von Verri della Bosia zum königlich bayerischen Kämmerer

Dekret über die Ernennung des Karl Grafen von Verri della Bosia zum königlich bayerischen Kämmerer
Dekret über die Ernennung des Karl Grafen von Verri della Bosia zum königlich bayerischen Kämmerer

Herstellermarkierung der Firma Carl Weishaupt

Silbermarken und Herstellermarkierung der Firma Carl Weishaupt, München auf einem weiteren Schlüssel gleicher Anfertigungsart, jedoch hohl aus Silber gefertigt. Die nach dem Sohn des Firmengründers Anton Weishaupt (1776-1832), dem Hoflieferanten Carl Weishaupt (1802-1864), benannte Münchener Familiensilberschmiede fertigte in der Dienerstraße und am Marienplatz bis zum Ende der Monarchie sowie darüber hinaus unter dem Namen 'C. Weishaupt'.
Silbermarken und Herstellermarkierung der Firma Carl Weishaupt, München auf einem weiteren Schlüssel gleicher Anfertigungsart, jedoch hohl aus Silber gefertigt. Die nach dem Sohn des Firmengründers Anton Weishaupt (1776-1832), dem Hoflieferanten Carl Weishaupt (1802-1864), benannte Münchener Familiensilberschmiede fertigte in der Dienerstraße und am Marienplatz bis zum Ende der Monarchie sowie darüber hinaus unter dem Namen "C. Weishaupt".